Titelbild

Die ganze Zeit habe ich das Wetter unter Beobachtung. Nein, nicht hier an der Bergstraße, das gibt keinen Anlass zur Klage, im Gegenteil. Ich starre auf den Stiefel, auch als Italien bekannt. Die letzten Jahre ist dort nicht mehr eitel Sonnenschein, sondern mitunter sehr durchwachsen. Das Wetter ist halt ein Faktor, der den Moto Fahrer an sich und mich besonders interessiert.

Noch mal kurz eine Woche eintauchen in die Abruzzen, Faszination pur für mich. Danach ist es dann bald vorbei mit der zweitschönsten Sache der Welt und die Phase der eingeschränkten Mobilität beginnt.

Neugierig geworden ….?


Die Anreise

Was soll ich gross dazu schreiben, vielleicht trifft es business as usual am besten. Mindestens einmal im Jahr manchmal auch öfters fahre ich nach Italien und benutze nur die Autobahn dafür. Schnell und effektiv, aber ziemlich langweilig. Bis zur Versilia, meistens mein erster Stopp im Land der Zitronenschüttler 😊, sind es ca 850KM. Morgens früh, irgendwann zwischen 6 und 7 Uhr losgefahren brauche ich 10 Fahrzeit – brutto – also mit Pausen und Tanken. Kann man geteilter Meinung sein, aber jeder nach seiner Façon.

Bis zum Gotthard Massiv war strahlend blauer Himmel, da Sonntagmorgen auch kaum Verkehr und somit sehr entspanntes Fahren. Raus aus der Tunnelröhre und das Wetter änderte sich in reichlich trüb und dunstig. Solange es nicht regnet, kein Problem, und es blieb auch bis zum Ziel trocken.

Nach der Rheinebene in Süddeutschland, kam nach Mailand die Poebene. Das sind die beiden Streckenabschnitte solch einer Tour, die total öde zu fahren sind. Ab und zu Anhalten und schnell einen Café trinken bringt etwas Abwechslung in die Monotonie. Langsam zeichnen sich die ersten Berge am Horizont ab und die Vorfreude auf das Kommende wird grösser.

Ein absolut geiler Abschnitt der Autobahn zwischen Serravalle und Genua bringt das breite Grinsen unter dem Helm zurück. Ab jetzt sind für über 30 Km nur noch Kurven angesagt. Kurven wie es sie wohl nicht so oft auf Autobahnen gibt.

Das Video ist von einer früheren Tour. Nein, ich nehme keine Drogen, das ist ein Timelapse Video

Einziger Leidtragender der Fahrt durch die Berge ….

Michelin Road 5

Marina di Massa ist dann bald erreicht und ich parke die Yamaha im Hof des Hotel Michela. Die anderen, mir bekannten Hotels in Marina die Massa, rufen an diesem Sonntag Mondpreise auf. Also probiere ich halt was Neues aus. Warum nicht, der Ort hier ist für mich eine Relais Station für weitere Touren in Italien. Ausserdem gibt es gute Restaurants, Cafés und Eisdielen, die Grundversorgung ist also gesichert.

Marina di Massa Sonneuntergang 03

Mit einem Furiosen Sonnenuntergang verabschiedet sich der Tag und macht Hoffnung für die morgige Fortsetzung der Reise. Die diversen Wetter Apps sagen auch gutes Wetter voraus. Am Lungomare noch ein Glas Roten aus Bolgheri als Absacker genossen. Ab ins Bett, es geht morgen früh weiter.

 


 

Durch die Toskana nach Umbrien

Ein erster prüfender Blick auf die Alpi Apuane kurz nach dem Aufwachen. Sind weg, nicht mehr vorhanden, nur noch Wolken. Das Regenradar zeigt östlich grossflächig Regen. Klasse Wetter Apps muss ich sagen, sehr gut die Vorhersage, nur leider völlig daneben. Was nun?

Ich habe ja mit Navis nichts am Hut, aber seit ich die Kurviger App habe, gibt es ab und zu mal eine Ausnahme. Selten, aber ich mache das, was interessiert mich men Geschwätz von gestern.

Also habe ich mich zu Hause hingesetzt und eine Tour quer durch die Berge in Richtung Süden geplant. Kann ich jetzt knicken, alles umsonst. Nein, ich heule jetzt nicht, aber ärgerlich ist es schon. Südlich von Livorno ist das Wetter wohl besser, also rauf auf die Autostrada und Kilometer gemacht. Ist jetzt nicht die große Entfernung und bei den Raststätten auf der Autobahn gibt es vernünftigen Cafe, nicht so eine Automaten Plärre wie im Hotel.

Toskana Schiff

Die für mich klassische Route, via Livorno, Cecina und Volterra durch die Toskana gekurvt. Macht immer wieder Spass und mit jedem Kilometer mehr wurde das Wetter besser. Der Regen war tatsächlich nur weiter im Norden, was auch gut so war.

Mal Google Maps Fragen wie ich elegant rüber ins Chianti Gebiet komme. Der Vorschlag sieht doch gut aus, setze hinter Volterra (hier hat bald jedes zweite Auto ein D Nummerschild) den Blinker und fahre hinein in die Pampa. Völlig neue Perspektiven tun sich mir auf und die kleinen Nebenstrassen machen Laune. Sehr kurvig, kaum Verkehr und für italienische Verhältnisse guter Zustand.

Die Chianti Region ist hügelig bis bergig und mit genialen Strassen gesegnet. Was kann man da Moto fahren, hammerhart. I´m very amused. Nur sehr wenige Ortschaften unterbrechen das Kurvengeschlängel, zur Vorsicht habe ich mal die Radar App gestartet, was auch sinnvoll war. Die hiesigen Preise für Speedlimit Übertretungen tun keiner Urlaubskasse gut, reichlich heftige Summen werden hier aufgerufen.

Anciano 5

Asciano ist erreicht und die Bilderbuch Toskana beginnt. Hier sieht es genauso aus wie im Kalender. Die kleine Stadt mit mittelalterlichem Kern, grosser Stadtmauer, viel Kultur und sehr guten Eisdielen (mehrfach getestet und für gut befunden) ist der Hauptort der Crete Senesi. Die Zypressen gesäumten Wegen zu den Bauernhöfen, die durch Erosion zerfurchte Landschaft und die fast runden, elegant geschwungenen Hügel machen die Gegend schon einzigartig. Eigentlich unglaublich schön hier und das zu jeder Jahreszeit.

 Toskana 2 2

Ein Blick auf die Uhr sagt, es wird Zeit zum Hotel zu fahren. Das ist noch ca eine Stunde Fahrt entfernt und da Pienza auf Weg liegt wollte ich kurz vorbeischauen. Ein sehr schöner kleiner Ort auf einem Hügel. Tja, der Wille war da und jede Menge Busse mit Touristen auch. Nix mit Besichtigung, sondern klassischer Umkehrschwung (nach einem Café) und auf zum Lago Trasimeno. Wird Zeit für ein Feierabend Bier.

 

Castiglione del Lago … ancora una volta

Wer ab und meine Reise Reportagen liest, denkt sich auch, da war der Kerl doch erst letztes Jahr. Stimmt, gut aufgepasst! Der kleine Ort ist eines der schönsten Dörfer Italiens. Zumindest der alte Kern, der Rest ist, naja wie soll ich sagen, nicht direkt schön.

 Castiglione del Lago 1

Aber egal, ich habe mir wieder im Hotel Aganoor ein Zimmer gebucht. Das Haus ist sehr zu Empfehlen und bekommt von mir immer wieder eine gute Bewertung. Die Zimmer sind gepflegt und stilvoll eingerichtet. Bei schönem Wetter gibt es eine grosse Terrasse und man genießt was Küche und Keller des Restaurants zu bieten haben. Das Essen ist wirklich sehr gut und bleibt preislich im Rahmen, klare Empfehlung von mir.

Castiglione del Lago 14

Umbrien ist kulinarisch immer eine Reise wert. Die Produkte der Region, egal ob jetzt Wurst, Schinken, Käse oder auch die diversen Weine sind zu empfehlen. Natürlich kann man auch prima Moto fahren, in der erweiterten Umgebung gibt es einige echte Schmankerl. Diese diversen Gründe lassen mich immer wieder die Region bereisen.

 


 Von Umbrien in die Abruzzen

Der Wecker des Smartphones bimmelt und als erste Massnahme ( nach öffnen der Augen) geht der Weg zum Fenster. Rolläden auf und der prüfende Blick. Sehr dunstig, irgendwas zwischen richtigem Nebel und etwas Nebel. Als Moto Fahrer hat man wohl einen dezenten Schlag, um zuerst nach dem Wetter zu sehen.

Also alles wieder in die Yamaha und die Kurviger App angemacht. Auch für heute habe ich ne Route geplant und ohne Landkarte ist das Handy Navi halt wichtig. Normalerweise fahre ich via Perugia Richtung Spoleto um dann in die Monte Sibillini abzubiegen. Heute aber nicht, Neues will ausprobiert werden. Anfangs lotst mich die App auch durch recht abenteuerliche Winkel, die winzigen Strässle sind, naja …grad so fahrbar. Slalom um kleine Löcher, dann wieder ausgewachsene Ätna Krater mach die Fahrerei nicht unbedingt zum Vergnügen. Das hätte ich aber wissen müssen, solche mini Verbindungswege zwischen zwei Dörfern sollte man eher mit der Enduro fahren. Irgendwann wollte mich die Kurviger App unbedingt in eine Sackgasse lotsen, da habe ich die Anwendung beendet.

Ein kurzes Stück auf der Autobahn bis Todi geht es weiter in Richtung. Und ? Natürlich in eine Raststätte und Café getrunken. Dabei habe ich Google Maps gesagt wo ich hin möchte. Zuerst mal nach Narni                                        

 Narni 2

Um es mal salopp zu sagen. Nicht schlecht das Städtle, kann man so lassen und wer viel Zeit hat kann sich alles ansehen.

  • Dom von Narni (Concattedrale di San Giovenale oder Duomo di Narni genannt), 1047 begonnener Bau, der 1145 von Papst Eugen III. konsekriert wurde. Im 15. Jahrhundert wurde die einfache Fassade mit einem Portikus versehen. Das mit Rankenwerk umrahmte Südportal ist von Löwen flankiert. Die polygonale Apsis wurde nach einem Erdrutsch 1332 – gotisch – erneuert. Die kostbare Ausstattung enthält unter anderem das Werk Sant’Antonio Abate von Vecchietta, eine Holzstatue aus dem Jahr 1474.
  • Chiesa di San Domenico, ehemalige Kirche, die im 12. Jahrhundert entstand. Sie war die erste Kathedrale im Ort und wurde 1304 von den Dominikanern übernommen.
  • Chiesa di San Francesco, Kirche aus dem 14. Jahrhundert
  • Chiesa di Sant’Agostino, Kirche aus dem 14. Jahrhundert, wurde 1728 erneuert. Enthält von Piermatteo d’Amelia das Fresko Madonna col Bambino sulle ginocchia tra Santa Lucia e Santa Apollonia aus dem Jahr 1492.
  • Chiesa di Santa Maria Impensole, 1175 errichtete, „in pensole“ (am Hang) gelegene, dreischiffige Basilika. Im Inneren zeigt das vordere rechte Kapitell als einziges figürliches „Daniel in der Löwengrube“.
  • Porta Nuova, Stadttor aus dem 16. Jahrhundert
  • Porta Ternana, Stadttor aus dem 15. Jahrhundert, hieß früher Porta dell’Arvolta
  • Palazzo del Podestà, Palast aus dem 13. Jahrhundert, heutiges Rathaus
  • Ponte Calamone, Römerbrücke an der Via Flaminia
  • Ponte Cardaro, Römerbrücke an der Via Flaminia
  • Ponte d’Augusto (Teil der Via Flaminia) über den Fluss Nera, steht heute noch ein Brückenbogen; der rund 30 Meter hoch aufragende Bau ist eine der größten von den Römern erbauten Brücken gewesen.
  • Rocca Albornoz, im Auftrag von Gil Álvarez Carillo de Albornoz errichtete Burg aus dem 14. Jahrhundert am höchsten Punkt der Stadt (332 Höhenmeter).
  • Speco di San Francesco, ein ca. 13 km südöstlich des Ortes einsam gelegener Konvent, der vom Heiligen Franziskus 1213 gegründet und in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts vom Heiligen Bernhardin erneuert wurde.

Quelle Wikipedia

Narni 6

Also wenn man SEHR VIEL ZEIT hat …. 😁

Etwas Kultur ist nicht schlecht, aber wie immer man sollte nicht zur Übertreibung neigen.

Lago del Salto

Also sprach der Jojo zu Google Maps, mach mal ne schöne kurvige Route zum Lago del Salto. Und es wurde tatsächlich eine prima Tour präsentiert. Mitten durch die Pampa wo weit und breit nix ist, auch kein I-Net, funktioniert das wunderbar. Allerdings habe ich auch die Offline Karten auf Smartphone geladen. Muss ich mir merken, das Navigation so einfach sein kann. Da braucht es keine zusätzliche App.

Ich passiere Cottanello , das liegt in den Sabiner Bergen, welche schon zum zu den Abruzzen gerechnet werden. Es gibt ne Einsiedelei gegenüber am Berghang – Eremo di San Cataldo - und sonst gibt es eigentlich nicht viel, tendenziell gar nichts. Allerdings ist die Strecke absolut Motokompatibel mit sehr vielen Kurven und prima Asphalt. Da hat sich der Umweg, weg von der Hauptstrasse Terni – Rieti, doch gelohnt.

Cottanello 2

Cottanello 5

Am Lago del Salto war ich mal irgendwann in den 80er Jahren des letzten Jahrtausends. Hört sich uralt an und ist es auch. Mit der XJ650 Richtung Gargano ging damals die Tour quer durch die Abruzzen an die Küste. Schnellstrassen waren Fehlanzeige, da schlicht nicht vorhanden. Das war echt noch entschleunigtes Reisen, groß Kilometer am Tag machen war nicht drin. Der See ist mir über all die Jahre in guter Erinnerung geblieben. Landschaftlich wirklich wunderbar gelegen und die Uferstraße weißt so gut wie kein Stück gerade Straße auf. Alles prima, nur habe ich mich an das Sagenhaft gute Panini Prosciutto crudo ( Schinkenweckle) von damals erinnert. Wenn ich mir nix merke, aber sowas vergesse ich nicht. Nun gibt es heute hoch über dem See eine gut ausgebaute Fernstraße und somit ist unten in den Dörfern tote Hose. Man bekommt nichts bis gar nichts. Alles zu und verrammelt, also nix mit einem Panini, geschweige denn einem Teller Pasta.

 Lago del Salto 15

 

Zum Parco Naturale Regionale Sirente-Velino

Also geht es hungrig noch ein Stück weiter. Die nächst grössere Ortschaft, die passiere ist Magliano de’ Marsi. Das liegt am westlichen Rand der Sirente-Velino , ich sehe mehrere Eisdielen und halte natürlich sofort an. Die Schmerzen südlich der Lendenwirbel nehmen zu, so das eine längere Pause notwendig und sinnvoll ist. Das Eis ist gut und ein Café resetten Mensch und Maschine. Also kann es gut gestärkt hoch in den Nationalpark gehen. Der Park ist praktisch das Gegenstück zum Parco Nazionale del Gran Sasso e Monti della Laga. Nur durch das tiefe Tal des Flusses Aterno getrennt. Das sind schon zwei mächtige Massive und ich habe so gut wie keine Fotos gemacht. Wieso das denn, fragt sich der geneigte Leser zu Recht. Die Antwort ist ganz einfach. Ich bin nur Moto gefahren, was für eine rattenscharfe Gegend. Wieso bin ich hier noch nicht früher gefahren? I´ll be back – soon.

Parco naturale regionale Sirente Velino 1

Ab Magliano de’ Marsi geht es nur bergauf und wie. Super Straßen mit unzähligen Tornanti ( Grüssle nach Hofweier😊 ) lassen das Fahren zu einem wahren Vergnügen werden. Schliesslich erreicht man ein weites Hochplateau und ich sehe mir kurz Rocca di Cambio an. Ist jetzt nicht mein Fall, wirkt total ausgestorben auf mich, muss ich nochmal besuchen um abschließend urteilen zu können. Die Abfahrt ins Tal ist wieder der Hammer, also ich bin immer noch begeistert beim zweifingersuchsystem Tippen dieser Zeilen.

Parco naturale regionale Sirente Velino 4

Hoch zum Campo Imperatore, das gute Wetter ausnutzen, so sieht kurz und knapp die weitere Planung aus. Für Santo Stefano di Sessanio, meinem Tagesziel, bin ich viel zu früh dran, ausserdem komme ich von Oben auch hin. Navi? Brauch ich jetzt nicht mehr, hier war ich schon oft und vor allem sehr gerne. Die Auffahrt vorbei an der Seilbahn zum Campo Imperatore ist immer (wieder) ein Genuss. Erst die kurvenreiche Passage im Wald, um dann schon nach kurzer Zeit nach etwas Macchia in eine völlig baumlose Region zu kommen. Ein absolut faszinierendes Erlebnis, oder eher ein Genuss? Ein paar Multistradas ballern mit einem nicht ganz legalen Tempo an mir vorbei, während ich Fotos mache. Erstaunlich was Ducati hier in Italien für Auspuffanlagen verbaut. Irgendwie haben die hier andere TÜV Prüfer 😊

 Campo Imperatore 12

Campo Imperatore, herrliches Wetter, angenehme Temperaturen, was will man mehr? Paar Fotos, mal wieder gemacht, zum Observatorium hochgefahren und festgestellt, dass die Bar im Hotel zu hat. Nicht gut, da ich mich auf einen Cappuccino gefreut hatte. Also fahre ich wieder runter und der Cono Grande hüllt sich immer mehr in Wolken. Was für eine Fotolocation.

  

 

Santo Stefano di Sessanio

Campo Imperatore 48

Ich habe mir ne Art Doppelhaushälfte für die nächsten drei Tage gebucht. Die Rezeption zu finden ist ne Kunst, völlig verwinkelt imDorf gelegen. Hinweisschilder werden auch überbewertet, aber irgendwann finde ich es doch. Zur Location werde ich geguided. Ich staune nur, man was sind die „Strassen“ hier eng. Der Typ fährt mit nem kleinen Lancia vor mir her. An der engsten Stelle hat er rechts und links nen Centimeter platz an den Aussenspiegeln zur Hauswand. Meine Unterkunft ist perfetto, komplett ausgestattet und urig sowieso, sogar mit offenem Kamin. Lediglich kühles Bier fehlt im Kühlschrank. Was aber natürlich umgehend geändert wurde. Was nütz mir frisch geduscht zu sein, wenn ich Durst habe.

Santo Stefano di Sessanio 18

Santo Stefano ist eines der schönsten Dörfer Italiens und das ist wirklich so. Traumhaft in die Landschaft eingebettet gelegen, alles mehr oder weniger uralte Steinhäuser und winzige verwinkelte Gassen. Etwas ausserhalb ein kleiner See mit einer kleinen Kapelle. Ich bin schon öfters durchgefahren, aber übernachtet habe ich hier noch nie. Ganz schön blöd. Es muss nicht immer Rocca Calascio sein (was ursprünglich geplant war).

Fototechnisch ist der Ort auch ein Traum, Motive ohne Ende und so ziehe ich mit der Kamera zwischen den alten, pittoresken Häusern und engen dunklen Durchgängen, treppauf und treppab durch Santo Stefano. Wunderschöne Ecken und Winkel gibt es, viele Blumen und alles sehr gepflegt. Leicht ist das Leben für die ca 150 Einwohner sicher nicht, aber ich und die restlichen Touris spülen schon etwas Geld in die Kassen. Von den paar wenigen Feldern in dieser Höhe kann man sicher nur mehr schlecht als recht leben. Ob es ein schönes Leben hier ist? Das kann ich mir vorstellen, weg vom Trubel, kein Blödmarkt und Discounter in der Nähe. Das hat schon was und deswegen bin ich mittlerweile bald jährlich irgendwo hier in der Gegend. Es ist nichts für die Massen, eher für Leute, die wissen das Wenige, die Stille und die einzigartige Landschaft zu genießen.

Santo Stefano di Sessanio Essen 1

Und wie es so ist kommt, durch die viele frische Luft und das Rumturnen ist ein leichtes Hungergefühl auf einmal da. Also frage ich in der schönsten Stadt Ostfrieslands nach Tipps für die doch recht vielen Restaurants. Ratz fatz kommen die Infos via Threema aufs Handy und ich stehe vor Auswahl. Erst gehe ich dort hin, dann da, aber alles zu. Schliesslich finde ich doch was und bin total fasziniert. Was eine Location …eine alte Schmiede … keine Ahnung … völlig abgefahren hier! Wie soll ich das beschreiben. Die Wände voll Russ und Flecken. Ein Eimer Alpina Weiss reicht, trotz hoher Deckkraft, hier definitiv nicht. Das Interieur uralt, lediglich einige wenige elektrische Lichtquellen, ansonsten Kerzen. Tische und Stühle, roh und mehr oder weniger unbehandelt. Irgendwann war mal wohl mal Farbe dran. Und … die Küche zaubert aus der winzigen Speisekarte exzellentes, der offene Rote war ebenso. Ich komme wieder!

Santo Stefano di Sessanio Essen 3

 



Majella

thumb 2w 25 Parco Nationale Majella 1 von 1

Sieht sie gut aus, wie alt ist sie denn, und die Fischur, hat sie ein kurzes Röckle an? Majella ist ein weiblicher Vorname, aber das interessiert jetzt mal nur temporär. Mich interessiert viel mehr der Parco Nazionale della Majella. Das soll das heutige Ziel der Tagestour werden, einmal rundherum. Majella ist ein Gebirge in den Abruzzen, Sein höchster Gipfel, der Monte Amaro, ist mit 2793 m der zweithöchste Gipfel der Apenninen. Die restlichen Berge sind auch nicht gerade flach, sehr imposant das Ganze. Es gibt eigentlich nur zwei Strassen durch das Massiv, einmal über den Pass San Leonardo und der andere Weg ist über den Passo Lanciano. Genau da will ich heute drüber.

Strahlend blauer Himmel am Morgen beim Start der Tour, aber ich habe das Regenzeug trotzt dem im Koffer dabei. Die Wettervorhersage meinte was von schweren Gewittern am Nachmittag. Im Moment ist es aber kaum Vorstellbar und so mache ich mich auf den Weg. Santo Stefano liegt um die 1200m und der Passo Lanciano ca 1350m hoch. Also schlappe 150 Höhenmeter Differenz, das ist doch nix, mach ich doch locker mit dem Fahrrad. Tja, aber man muss erstmal runter ins Tal auf 250m um dann wieder Höhenmeter zu machen.

 Navelli (1 von 1)

Die ersten ca 25 Kilometer waren teilweise etwas chaotisch. Die „Strasse“ war in einem extrem desolaten Zustand. An ein zügiges Fahren war überhaupt nicht zu denken. Teilweise war der Asphalt komplett weg, Schlaglöcher ohne Ende. Mit jedem Meter ins Tal stieg auch die Temperatur an, als unten getankt habe standen schließlich 30 Grad im Display der Yamaha. Einige Kilometer später war es dann soweit, ein erster Wegweiser in Richtung Passo Lanciano steht an einer Kreuzung. Also rechts ab und das Vergnügen kann beginnen.

Die Kurviger App stellt mich vor die Wahl. Es wird mir energisch geraten nach rechts abzubiegen. Ich würde das auch gern machen, glaube ich doch an die Macht der Navigation. Nicht immer aber immer öfters. Nach rechts ist aber nichts, nichts bedeutet in diesem Fall gar nichts bzw . eine Mauer vor einem steilen Abhang. Allerdings zeigt ein Wegweiser in der Haarnadelkurve nach Links zum Passo. Das Smartphone nehme ich aus der Halterung, wünsche der App einen schönen Tag und mache den Mist aus. Jetzt geht es nach alter Väter Sitte weiter und ich habe mich auch so zurechtgefunden.

Zum Passo Lanciano nur so viel – Primo Panna, sehr flüssig zu fahren, landschaftlich teilweise sehr interessant und unglaublich viel Wald für Süditalien. Minimaler Verkehr und sehr guter Asphalt, für Italien nicht immer selbstverständlich. Also komme ich irgendwann wieder. Am südlichen Abhang der Majella ging es weiter nach Fara San Martino. Der kleine Ort mit seinen um die 1400 Einwohnern liegt direkt an einem steilen Abhang der Majella und hat zwei Besonderheiten zu bieten. Als da wären …

-        De Cecco  Wie? Kenne ich nicht? Die Nudeln der Firma hat wohl jeder schon mal in einem Supermarkt gesehen. Allerdings wusste ich nicht, dass hier in einer ziemlich grosse Fabrik Pasta produziert werden. Again what gelernt. Reisen bildet doch 😊

-        Die Gole di San Martino ist eine Schlucht, die man vom Ort aus erwandern kann. Es gibt auch ein verfallenes Kloster am Ende der Schlucht. Es ist mir zu warm um die 30 Minuten dorthin zu laufen. Beim nächsten Mal vielleicht, es findet sich immer ein Grund irgendwo zweimal hin zu fahren. PS: Jetzt im November 2019 wird die Schlucht in Google Maps allerdings wg Felssturz als unpassierbar markiert.

 Fara San Martino (6 von 8)

Eigentlich wollte ich noch ein paar kleinere Umwege einbauen, aber wirkliche Lust noch mehr zu fahren, hatte ich nicht wirklich, so dass ich mich in Richtung Sulmona orientierte. Also praktisch einmal scharf rechts um Eck und die Richtung stimmte. Was gar nicht stimmte waren mächtige, dunkle Gewitterwolken, die sich drohend von Westen herkommend auftürmten. Wie weit ist es noch bis Santo Stefano? Eine gute Stunde Schweinsgalopp, ob das reicht ohne Nass zu werden? Das Gefühl kennt wohl jeder, der schon eine solche Wettersituation erlebt hat. Aber in meinem Fall half alles Bangen und Hoffen nicht. Am Horizont verschwanden die Berge im grauen Schleier einer Regenwand. Dazu extrem böiger Wind, der kaum mehr also Tempo 60 zu ließ. Eine rettende Tankstelle für die Umziehaktion von Trocken auf heavy Wet war bald gefunden und einige Autofahrer sahen mich grinsend an. Aber alles im netten, freundlichen Bereich und mir wurde trotz allem gute Fahrt gewünscht.

Es war weniger schlimm als angenommen und ich erreichte Santo Stefano gut verpackt und innerlich trocken meine temporäre Herberge. Die Temperatur ist mittlerweile auf knapp 10 Grad gefallen und wenn Spüli im Regen gewesen wäre, das Tracerle würde glänzen. Das erste Feierabend Bier und ein schneller Wetter Check für morgen, Gewitter soll es geben.

 

 

Ruhetag

Ruhetag heißt auch mal ausschlafen und fünfe gerade sein lassen. Dieser Plan ist mir umso leichter gefallen, als dass ich gestern Abend noch eine Flasche äußerst vorzüglichen Montepulciano d´Abruzzo gepichelt habe. Was zur Folge hatte, dass der innere Wecker nebst Biorhythmus kaltgestellt bzw.dezent alkoholisiert waren. Es war Schlafen extended long Version angesagt und die Sonne stand schon ziemlich hoch, als ich aus dem Bett krabbelte. Es gab in der perfekt ausgestatteten Küche eine Kapsel Maschine und eine kleine Bialetti . Also den Gasherd angemacht und vernünftigen Espresso gekocht. Nach 3 Tassen herrlich duftendem Café konnte ich wieder einschätzen wo Norden ist und somit kam wieder langsam, natürlich der Situation angemessen, Bewegung in die Sache.

Ich brauche Geld, aber wer braucht das nicht. Es war noch ein Zehn Euro Schein im Geldbeutel, nicht unbedingt viel. Google sagt, es gäbe in Barisciano einen Bankautomat und da wollte ich sowieso hin. So passt alles zusammen und ich fahre bei strahlendem Sonnenschein die 10 KM Richtung Nachbardorf los. Kaum komme ich wieder auf einen Hügel nach der Senke offenbart sich mir ein traumhafter Ausblick. Das Tal unten bei L ´Aquila im dichten Nebel und die Berge leuchten im Sonnenlicht. Einfach ein geniales Panorama, natürlich halten und das große Fotobesteck aus dem Topcase genommen. Das Smartphone darf auch mal seine Fotokünste ausprobieren und irgendwann erreiche ich auch noch tatsächlich Barisciano.

 Abruzzen Nebel 5

Den Supermarkt und Bankautomat finde ich nicht, also trolle ich mich weiter und cruise Richtung l ´Aquila. Da wird es schon was geben und so war es auch. Allerdings war es hier im Tal durch den Nebel deutlich kühler und damit war der Plan die Stadt zu besuchen ad Acta gelegt. Was denk sich der geneigte Leser hier? Richtig, ein Grund ein zweites Mal hierherzufahren. Etwas Käse, Wurst sowie Schinken wanderten nach dem Einkauf ins Topcase, die Yamaha wurde angesichts des günstigen Benzin Kurses auch noch Oberkante Unterlippe vollgefüllt. Also alles im grünen Bereich, bis auf den Geldbeutel. Somit hatte ich schon einen Grund nach Castel del Monte zu fahren, da kenne ich den Standort eines Bancomats.

Vino

Über eine Stunde donnerte und blitzte es, dazu goss es wie aus Kübeln, glücklich ist wer ein festes Dach über dem Kopf hat. Mit einer Dackelgarage auf dem Camping Platz ist es bei solch einem jungen Unwetter sicher suboptimal. Aber wem es Spass macht, warum nicht. Wieder eine Story mehr, die man als Naturbursche zum Besten geben kann.

So richtig geheuer war mir das Wetter nicht und, safety First, kam das Regenzeug wieder in die Koffer. Trau – schau – wem und der grosse blaue Fleck am Himmel konnte mich nicht direkt überzeugen. Aber Bargeld musste her, da gab es keine Alternative, weil in Santo Stefano kaum mit Karte zu bezahlen ist. Es ist ja nicht weit bis Castel del Monte und ein Stopp in Rocca Calascio war auch eingeplant. Wie es so in den Bergen ist, erst blauer Himmel und kaum kommt man ums nächste Eck. Grandiose Aussicht bis runter ins Tal bei Sulmona, mehrere Schichten verschieden hoher Wolken, voll Krass, Alter. Also hier fotografiert, da Bilder gemacht und zack selber mitten in den Wolken. Rocca Calascio kannste vergessen und bei Castel del Monte sieht es auch nicht besonders prickelnd aus. Die gefahrene Strecke bis jetzt …14 KM ... Trödeln? kann ich!

Schlechtes Wetter 5

Fünfzig Euro in Bar haben den Besitzer gewechselt und damit bin ich wieder auf der sicheren Seite. Den gleichen Weg wieder zurückfahren oder war da nicht ne kleine, allerdings eher winzige, Wolkenlücke Richtung Campo Imperatore? Rückblickend, während ich diese Zeilen schreibe, kann ich nur über mich den Kopf schütteln. Mit dem Alter kommt die Weisheit, so sagt man(n), Frau auch. Irgendwas läuft bei mir schief 😊Also bin ich hochgefahren, immer höher, aufi auf´n Berg muss i, da Berg i muass eam unterkriag'n, die Temperatur entwickelte sich aber konträr zu den Höhenmetern.

Ob es tatsächlich schlau war, mit Jeans den kurzen Weg zum Geldautomat zu fahren? Gedanken, welche sich bei sechs, sieben Grad mit fallender Tendenz irgendwann stellen, selbst mir. Viel zu sehen war auf der Hochfläche nicht, die Berge alle in Wolken und in grobe Richtung Santo Stefano eine recht dunkle Regenwand. Tja, ich habe dann doch das Ölzeug angezogen, der Regen, dezent durch Hagel aufgelockert, wurde stärker, die Kälte wurde doch recht unangenehm. Sind wir Männer oder Memmen?

Was ich daraus gelernt habe? Nix bis gar nix, würde ich wieder so machen. War einfach etwas, was ich nicht missen möchte. So isser halt, der Kerl 😉

 So bin ich gefahren ---> Klick


 

Aus den Abruzzen zum Lago Bolsena

Es hat die halbe Nacht noch geregnet, die andere Hälfte habe ich geschlafen. Zeit genug für die Atmosphäre sich umzustellen und auf die Wetter App zu hören. Weil die App sagt, es wird sonnig und es hat keine Wolke am Himmel. Solche Software ist mir am liebsten, sie schreibt was ich will. Wieder der Blick aus dem winzigen Fenster, Perfetto! Passt! Also alles rapidamente eingepackt und im Moto verstaut. Ich glaube, ich ziehe den dicken Pullover doch an, T-Shirt ist wohl zu kalt bei 4 Grad. Schön war es in Santo Stefano di Sessanio, ich werde wiederkommen, es hat mir ausgesprochen gut gefallen. Ciao!

Der Morgen   Abruzzen 9

Langsam fahre ich wieder hoch zum Campo Imperatore, genieße (noch) die kalte, extrem klare Luft, das warme, weiche Licht des Morgens und wenn die Yamaha mal aus ist, die absolute Stille. Lediglich ein relativ böiger Wind ist unangenehm. Eigentlich sollte jetzt die Drohne ihren großen Moment haben und einige geniale Bilder machen. Bei dem Wind völlig unmöglich, also umsonst mitgenommen. Ab und zu sehe ich ein paar kleine Autos, bevorzugt uralte klapprige Opel Corsa. Die Cowboys hier bevorzugen diese Art Fortbewegung um versprengte Rinder oder Pferde zurück zur Herde zu treiben. Hab ich auch noch nicht gesehen, ist aber interessant und funzt scheinbar prima.

Der Morgen   Abruzzen 17

Im Gegenlicht galoppiert eine grössere Herde Pferde genau vor mir über die schmale Straße. Was ein Anblick, diese Tiere, wehende Mähnen und der Atem in der kalten Luft. Die Kamera liegt zwar im Topcase, aber dieses Bild bleibt bei mir intern gespeichert. Was ein Augenblick ….

Der Morgen   Abruzzen 47

Die Berge rund um die Hochebene sind wie gezuckert, sogar mit feinstem Puderzucker. Der Regen von gestern bzw. in der Nacht ist in den Hochlagen in Schnee übergegangen. Ich war schon öfters hier, aber dieser Anblick ist etwas ganz Besonderes, Einzigartiges, Faszinierendes Das erlebt man sicher nicht jeden Tag und ich stehe da, lass alles auf mich wirken. It´s a kind of magic

Der Plan war ein anderer, aber Nebel in den Tälern machte mir nen Strich durch die Rechnung. Ich wollte eine unbekannte, nicht die gewohnte Route fahren, aber es sollte nicht sein. Es macht nicht wirklich Sinn im kalten, feuchten Nebel zu fahren, wenn oben strahlend blauer Himmel ist. Wenigstens bis zum Lago Campotosto wollte ich so fahren, danach muss was Neues her. Der Wind war immer noch sehr böig und warm ist auch anders. So fiel der Entschluss tiefer, runter in die Täler zu fahren, vom Nebel war nichts mehr zu sehen. Frag doch mal Google Maps nach einer Route Richtung Terni, mal sehn was da so kommt. Kann die Software mich zufriedenstellen?

Lago di Campotosto 5

Der Passo dello Lupo, nie gehört, noch je was drüber gelesen, aber der absolute Wahnsinn. Selbst für italienische Verhältnisse ein gigantischer Schilderwald am Beginn. Es gibt nichts was nicht verboten wäre, Wohnmobile, Busse, LKW, Anhänger, Höhenbegrenzung, Breite auch limitiert. Schaun mer halt mal und ich fahr langsam den Berg runter. Oberaffentittengeil ist die einzig richtige und passende Beschreibung für den knapp 6 Kilometer langen Pass. Engste Spitzkehren. atemberaubendes Gefälle und der Weg ist, naja doch etwas asphaltiert. HAMMER, danke Google Maps.

Lago di Campotosto 9

Passo Dello Lupo ---> Klick

Eine wunderbare Fahrerei schließt sich hinter dem Pass an. Es kommen zwar noch mehrere angenehme Bergübergänge, die Monti Reatini sind wohl für viele ein absolut weisses Blatt, praktisch Terra inkognito. Der höchste Berg der Gegend der Monte Terminillo ist über 2200m hoch. Unzählige kleine Landstraßen mit wunderbarer Streckenführung, dies und das zu sehen und zu erleben. Die Cascata delle Marmore ist ein künstlich geschaffener Wasserfall, um die 200 v.Chr. wurde die Anlage von den Römern angelegt. Es ist einer der höchste Wasserfall Italiens mit 165m Höhe. Infos gibt es hier -->Klick 

Von Leonessa nach Terni zu fahren ist für mich immer wieder ein Erlebnis. Was eine hammerharte Streckenführung, mit der Ducati hier lang zu bollern war echt ein Highlight, diese Jahr mit der Yamaha macht es kaum weniger Spass. Es fehlt etwas der Bumms des V2 , aber sonst kann ich mich nicht beklagen, im Gegenteil. Das Tracer macht das alles perfekt, dafür muss ja ein Haufen Gepäck mitgeschleppt werden. Unten im Tal angekommen passiere ich kurz vor Terni noch den Lago di Piediluco. Ein wunderschön gelegener See, da sollte ich mal nach einem geeigneten Hotel für mich suchen. Das wäre eine ideale Relais Station für Tagestouren in der Region.

Latium liegt hinter mir und ich befinde mich wieder in Umbrien. Terni ist für mich jedes Mal ein nicht benötigtes Übel. Etwas chaotische Wegführung und gefühlt mehr Blitzer wie Einwohner. Die Radarwarner App im Smartphones leistet hervorragende Dienste, die wird mit einem kalten Bier heute Abend dafür belohnt. Unterwegs passiere ich mehrere kleine Ortschaften, z.B. Alviano. Das mittelalterliche Städtchen hat ein mächtiges Castello, alles sehr nett anzuschauen und macht die Fahrt recht kurzweilig. Erst mit der Überquerung des Tibers auf die andere Talseite wird es zunehmend flach. Landschaftlich wie auch Mototechnisch, muss auch mal sein, es waren in den letzten Stunden schon genug sehenswerte Spots dabei. Und der nächste Kracher wartet schon.

Eine kleine Stadt wie es sie oft in der Gegend gibt, nicht besonderes eigentlich. Im Kreisverkehr sehe ich den Wegweiser, eigentlich brauche ich ihn nicht, da der Weg vertraut ist. Es geht danach ewig geradeaus, flankiert von dicht an dicht stehenden Häusern. Erst sind einige wenige Fussgänger unterwegs, dann werden es immer mehr. Asiatische Touristen haben wohl immer Schirme dabei, was aber angesichts der hohen Temperaturen und der stechenden Sonne sicher sehr nützlich ist. Es ist dann das Ende der Straße erreicht, einige kleinere Parkplätze für Autos gibt es, ein Moto passt auch ohne Gebühr überall hin. Kamera mit Weitwinkel und Tele ausgepackt, es kann losgehen. Ach so, wo ich bin?

Civita di Bagnoregio

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civita di Bagnoregio 3

 civita di Bagnoregio 4

 

Civita di Bagnoregio zählt zu den città che muoiono (dt. „sterbenden Städten“), von denen es Hunderte in Italien gibt, da immer weniger Menschen in den kleinen, nur mühsam erreichbaren Bergorten mit durch Bodenerosion und Erdrutsch absturzgefährdeten Gebäuden verbleiben wollen. Um 1990 lebten in Civita di Bagnoregio nur noch sieben bis siebzehn alte Menschen zurückgezogen, bis ein römischer Ex-Manager und zahlreiche Aussteiger und Naturschwärmer in Folge den Ort entdeckten und durch Aufkauf und Sanierung der verlassenen Bauruinen wiederbelebten.

Seither nimmt die Zahl der als Zweitwohnsitze instand gesetzten Gebäude zu, und eine US-amerikanische Universität veranstaltet hier ihre Sommerkurse. Heute ist der Ort auch zum Ferienwohnsitz von Künstlern geworden. Konzerte in der Kirche geben zusätzliche Impulse, Hochzeitspaare wählen den Ort als Kulisse für ihre Hochzeitsfotos. In den sanierten Gebäuden wurden Cafés und Restaurants, ein kleines Hotel und ein Souvenirladen eingerichtet. Selbst US-amerikanische Touristen frequentieren den Ort, u. a., da einem Restaurantbesitzer Wahrnehmung durch die US-Presse und ein Eintrag in US-Reiseführern gelang. Die verbliebenen originären Einwohner des Dorfes nehmen nicht aktiv an diesem neuen Wirtschaftsfaktor teil, allenfalls durch Präsentation von Haus und Garten gegen einen freiwilligen Obolus der Touristen.

Quelle Wikipedia   

 

Bolsena

Bolsena Stadt 00

 

Das heutige Etappenziel ist kurz darauf erreicht, Hotel ist mal wieder nicht unbekannt und direkt am Lago. Es ist noch gut Zeit bis zum Abend essen und so mache ich mich auf den Weg ins Centro. Die kleine Stadt am gleichnamigen See liegt inmitten der Monti Volsini. Die ganze Region ist durch einen ehemaligen (Super)vulkan entstanden, der See ist das Ergebnis einer eingestürzten Magmakammer. Das ist aber schon etwas länger her, der letzte Ausbrauch datiert auf das Jahr 103 v.Chr.

Bolsena Stadt 05

Bis jetzt habe ich da noch nie wirklich geschafft und bin über den Ort erstaunt. Eine wunderschönes Centro Storico mit zahllosen verwinkelten Gassen, kleinen Läden, Restaurants und auf der Piazza die obligatorischen Bars mit Tischen und Stühlen. Man könnte meinen in einem Werbefilm für Italien zu sein. Ich war schon öfters in Bolsena, aber bis hierher habe ich noch nicht geschafft. Ich muss mal wieder den Kopf schütteln, praktisch über mich. Nicht unerwähnt sollten die diversen Eisdielen bleiben. An zwei davon hängt der Hinweis, sie wären unter den Top 100 in Italien. Das könnte schon stimmen, es schmeckt außerordentlich gut, das Gelato.

Bolsena Sonnenuntergang 02

Vor dem Abendessen noch etwas am Lungolago schlendern, ein freier Tisch in der Strandbar lädt zu einem grossen kühlen Moretti ein. Zum Abschluss des Tages noch den wunderbaren Sonnenuntergang geniessen (und fotografieren). Da kann man schon mal ins philosophieren kommen und sich des Lebens erfreuen. Es war ein fast perfekter Tag!


Lago Bolsena nach Marina die Massa

Der frühe Vogel schläft noch tief und fest, da schnurrt schon der Motor der Yamaha vor sich hin. Es wird heut eine etwas längere Etappe geben, über den genauen Verlauf bin ich mir noch nicht im Klaren. Ich weiß nur, es muss ein ganzes Stück nach Norden gehen. Das Hotel in Marina di Massa ist gebucht und ich muss Sonntagabend wieder zu Hause sein. Montagmorgen muss ich bei einem Termin präsent sein. Es gilt die verbleibende Strecke zu genießen und die Yamaha vielleicht an der ein oder anderen Ecke mal etwas forciert laufen lassen.

Ich hatte ja schon erwähnt, dass rund um den Bolsena See alles ehemalige Vulkan Gegend ist. Der See hat ca 14 Km im Durchmesser, also war das kein kleiner Vulkan. Wo es Vulkane gibt ist natürlich die dunkle Lava zu finden, aber auch Tuffstein. Ein wohl verhältnismäßig weiches Gestein welches sich leicht bearbeiten lässt. Ein anschauliches Beispiel ist z.B. Pitigliano. Da war ich schon öfter bei Touren durch die Maremma, daher war der Plan heute ein anderer

Die Tuffstein Dörfer

Sorano 13

Sovana und Sorano haben schon vieles in ihrer langen Geschichte erlebt und heute dazu noch mich.

Fangen wir mit Sorano an, der ersten Station heute wo der Motor der Tracer etwas abkühlen konnte. Die kleine Stadt liegt auf einem Hügel der Hochmaremma, eine sehr imposante mittelalterliche Befestigungsanlage dominiert das Stadtbild. Die Massa Leopoldino ist schon was Imposantes und passt eigentlich nicht zu der restlichen Architektur. Die kleinen an die Hänge geduckten Häuser sind eher typisch für die Gegend. Aber ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall.

Ein paar Kilometer weiter und ich erreiche Sovana. Um es gleich vorweg zu nehmen, es gefällt mir hier besser. Der Ort ist nicht so eng und ich fühl mich hier wohler. Direkt am Eingang des Ortskernes liegt die Ruine der Rocca Aldobrandesca. Die Burg wurde im 11. Jahrhundert erbaut, aber viel ist nicht mehr davon übrig. Der Ortskern ist aus meiner Sicht Mittelalter pur. Auch ist alles sehr klein und überschaubar, bis auf die Burgruine alles in einem normalen Rahmen und keine Prunkbauten. So liebe ich das und mache ein Foto hier und eins dort. Da hinten auch noch eins…

 

Der Monte Argentario ist ein gern genommenes Etappenziel für mich. Früher war das eine Insel im Meer, heute ist es mit 3 Dämmen mit dem Festland verbunden. Eigentlich fahre ich gerne nach Porto Santo Stefano um dort am idyllischen Hafen ein Eis und oder einen Cafe zu geniessen. Da aber die Gefahr besteht, dass der Bürgermeister mich mit Handschlag per Du begrüßt, ziehe ich es heute vor nach Porto Ercole zu fahren. Die Gemeinde ist Mitglied der Vereinigung I borghi più belli d’Italia (Die schönsten Orte Italiens).

Porto Ercole 1

Der Plan war also irgendwo einen Café zu trinken, eventuell sogar ein Panini zu ergattern. Allerdings machten mir mindesten zwei Hochzeitsgesellschaften meinen schönen Plan zu nichte. Überall ein Gewusel und total voll. Küsschen hier, Küsschen da, dazu lautstarkes Palaver da man sich schon seit mindestens 200 Jahren nicht gesehen hat. Total faszinierend für mich, schon alleine wie die Damen und Herren sich rausgeputzt haben. Bella Figura ist da leicht untertrieben, was haben sich die Damen in Schale geworfen … Che belle donne! Ich war echt fasziniert, wie ich so in meinen Moto Klamotten dastand.

Es wäre eine Option gewesen, mehr oder weniger am Meer die Küste hoch zu fahren. Nicht wirklich prickelnd und ich wäre viel zu früh im Hotel gewesen. Also nochmal die volle Dröhnung quer durch die Toskana. Berge und Kurven satt, köstliche Aussichten.

Massa Marittima 8

Köstlich war das Panino con Salume welches in Massa Marittima den Besitzer wechselte. Dazu ne eiskalte Cola und ich konnte eine weitere Hochzeit beobachten. Der Dom San Cerbona ist der uneingeschränkte Mittelpunkt der Piazza. Da es keine Hochzeitskutsche mehr gibt, stand eine urige dreisitzige Vespa vor der mächtigen Treppe und wartete auf die Brautleute. Was ein Haufen Leute da rumwuselte, die Brautleute kamen aus dem Dom und ein vielstimmiges Gejubel und Bravo, Bravo wurde gerufen. Da geht es bei einer Scheidung deutlich ruhiger zu. Nur mal so angemerkt 

 

Gut gestärkt konnte es nun weiter in Richtung Norden gehen. Mittlerweile hatte ich mich mit mir selber geeinigt, dass die Apuanischen Alpen den krönende Abschluss bilden sollten. Das ist ein guter Plan, aber auch relativ ambitioniert. Bis Lucca sind es nur ca. 130 Km Distanz zu fahren, aber Berge und Kurven sind dazwischen und zwar nicht wenige, da kann man schon ungefähr knapp 3 Stunden Fahrt kalkulieren. Die ersten ca. 60 bis 80 Kilometer sind aber wunderbar zu fahren und die Reifen, vor allem der Hintere waren echt gefordert. Das macht dort wirklich Laune, ich kenne zwar die Route, aber fahre da immer wieder gerne.

Nach Pontedera wird es dann etwas öde bis Lucca erreicht wird. Ist alles flach, die Kreisverkehre sind die einzigen nennenswerten Kurven also nicht wirklich prickelnd. Was aber zu Unterhaltung beigetragen hat, Ducatis in allen Farben, Formen und Größen. Ich habe noch nie so viele Panigäule, Multis, Monster und Hypermotards auf einmal gesehen. Keine Ahnung warum die alle unterwegs waren, molte belle moto. Ein Superduke Fahrer war nicht zu überhören und fiel mir nur durch seine Art zu fahren auf. Nicht wirklich Lebensbejahend.

Ponte del Diavolo 2

Lucca ist der Eingang zu Garfagnana, endlich wieder Kurven und Berge. Der dichte Verkehr ließ kurz nach der Stadt wieder deutlich nach, die interne grüne LED für Spassfaktor blinkte wieder. Ein Stopp bei Borgo a Mozzano um der Ponte del Diabolo kurz einen Besuch abzustatten. Die üblichen Fotos gemacht um dann endlich nach Castelnuovo di Garfagnana zu kommen.

Ponte del Diavolo 4

Wenn in Castelnuovo di Garfagnana ist, muss man einen Café in der Bar bei der Kirche trinken. So will es das Gesetz! Die letzte Stärkung bevor es hoch in die Berge geht. Nochmal erhöhter Fun Faktor pur und dann ist genug für heute. Den ganzen Tag auf dem Moto schlaucht schon ganz schön und ein kühles Moretti ist etwas was Feines. Natürlich erst wenn die Yamaha vor dem Hotel steht.

Castelnuovo di Garfagnana 4

Castelnuovo di Garfagnana 3

Ein kurzer Schreck an der Abzweigung zum Passo del Vestito, die Zufahrt ist gesperrt. Das wollen wir doch mal sehen, zumal ich keine Lust habe die andere Seite Richtung Servezza zu fahren. No Risk, no Fun und schon nach kurzer Zeit kommt mir ein Moto entgegen. Handzeichen gegeben, er möchte stoppen, hoffentlich spricht er ein paar Brocken Englisch. Angehalten hat er und nur italienisch gesprochen. Eigentlich nicht verwunderlich hier in Italien, aber ich habe verstanden, was er gesagt hat. Der Pass ist frei, lediglich ein paar Bodenwellen. Also durch den Tunnel und auf der anderen Seite der atemberaubende Blick auf die Marmorbrüche und das Mittelmeer. Das hat schon was, was für ein Panorama!

Bodenwellen? Bis jetzt Fehlanzeige und als ich die andere Seite der Sperrung erreiche stehen ein paar Moto Fahrer und fragen mich auf Italienisch ob die Straße zu befahren wäre. Natürlich antworte ich auf fließend Italienisch … Si.

Fremdsprache? Kann ich!

Marina di Massa  Sonnenuntergang

Da bin ich also wieder in Marina di Massa, allerding habe ich heute mein Lieblings Hotel gebucht -> Klick . Der Seniorchef erkennt mich tatsächlich und begrüßt mich herzlich. Das gebuchte Zimmer wäre eigentlich ohne Meerblick gewesen, aber es wird sofort kostenlos geupgraded. Das Hotel hat eine große Terrasse direkt am Lungomare mit super Aussicht. Also ein Bier geholt, die Canon über der Schulter und ich richte mich ein. Es gibt zum Abschluss der Tour einen exklusiven und perfekten Sonnenuntergang. Praktisch wie im italienischen Bilderbuch.

 


Zurück nach Hause

Es ist einfach öde durch die Po Ebene zu fahren. Die Gegend ist absolut flach, zu sehen gibt es auch nicht viel. Also monotones Gleiten mit der Hoffnung bald Mailand zu erreichen. Die Überquerung des Apennins ist der einzige Lichtblick, ansonsten tote Hose.

Je näher ich der Metropole in der norditalienischen Lombardei komme, desto häufiger sind sie zu sehen. Motorräder, die auf Anhängern spazieren gefahren werden. Erstaunlich viele aus dem Süddeutschen Raum, teilweise mit kürzerem Weg nach Hause als ich. Wenn jemand aus Norddeutschland kommt, habe ich ja eventuell noch Verständnis für diese Art des Motorradfahrens, aber aus Süddeutschland?

In einem Sprinter mit Anhänger für sechs Motos, sitzen ein paar Typen und äffen mich nach. Gebückte Haltung und mit einem imaginären Lenker in der Hand wird an einem nicht vorhandenen Gasgriff gedreht. Feine Kollegen, Pseudo Motorradfahrer sind das für mich. Dafür gibt es den goldenen Stinkefinger, Extended-Long-Version!

Ansonsten geht alles seinen geregelten Gang, die Langeweile wird durch einen Stau vor dem Gotthard Tunnel unterbrochen. Die Wetterprognose war auch nicht besonders rosig und so bin ich im strömenden Regen bei 11 Grad zu Hause angekommen. Hätte nicht sein müssen, aber gehört auch irgendwie zum Touren dazu.

Henkersmahlzeit

 

Basta cosi

Vielen Dank fürs Lesen!

Ich hoffe es hat etwas Spaß gemacht mit mir unterwegs zu sein.

Orsolino

Grüssle
Jojo