Fès
Die Stadt am Rande des Rif Gebirges wird unser zu Hause für die nächsten 2 Tage sein. Direkt am Bahnhof der alten Königsstadt haben wir uns im Hotel IBIS für 63 € die Nacht einquartiert. Was soll man sagen, es gibt schlimmeres J Die Zimmer entsprechen dem europäischen Standard der Hotelkette und der riesige gepflegte Garten mit hohen Palmen und großem Swimming Pool lädt zum Verweilen und Relaxen ein. Nur ab und zu ein Hupen der Lokomotiven vom nahen Bahnhof ansonsten herrscht eine himmlische Ruhe mitten in dieser quirligen Stadt. Die Yamaha steht sicher in einem abschließbaren Hinterhof des Hotels (kostet also kein Geld für einen selbsternannten Wächter) und wir machen uns noch am gleichen Tag auf um die berühmte Medina zu besuchen.
Da der Weg zu Fuß einfach zu weit ist, beschließen wir ein Petit Taxi zu nehmen. Diese Petit Taxis sind ein marokkanische Spezialität, man kann in der Regel sehr günstig im Stadtbereich herumfahren.. Im Gegensatz zu den Grand Taxis dürfen sie nur im Stadtbereich fahren. Den Typ an der Rezeption mit dem freundlich Dauergrinsen gefragt, was denn der ungefähre Preis für die Strecke wäre, meint er, so 25 Dirham (2,50Euro) wären angemessen. Ok, für den Preis macht in Deutschland niemand was und der Taxi Fahrer lässt die Tür zu. In Fès gelten halt andere Preise. In den uralten Fiat Uno oder Peugeot 205 fehlt es an allem, meist auch an Taxametern. Manchmal funktionieren sie nicht, manchmal wollen sie nicht funktionieren Daher muss man den Preis vor Beginn der Fahrt verhandeln. Der Fahrer wollte 30DH, ich sag 20 Dh also Einigung bei 25 DH. Auf der Rückfahrt haben wir dann ein Taxi neuester Bauart in Form eines Dacias mit Taxameter erwischt und haben 10 DH bezahlt. So hat man immer was zu erzählen, wenn man aus dem Urlaub kommt.
Die Altstadt ist schon etwas Besonderes. Die engen verwinkelten Gassen, die vielen Menschen die herum wuseln, dazu Hund , Katze, Esel, Schafe und sonstiges Viehzeug in all dem Chaos, fremde exotische Gerüche, der Gestank im weltberühmten Gerberviertel und last but not least der allgegenwärtige Müll. Es lässt sich schwer mit Worten beschreiben, man muss es selbst erlebt haben. Der erste Besuch hat uns etwas verzweifeln lassen, angesichts des Gewirrs aus Gassen und dunklen Ecken, so dass wir am nächsten Tag mit einem lizensierten Führer der Altstadt noch einen Besuch abstatteten. Das war wirklich sehr interessant was er zu erzählen hatte und wir kamen in Ecken von denen wir nichts geahnt hatten. Vereinbart waren 150 Dirham Lohn für die Führung, dümmlicher Weise konnte er den 200 Dirham Schein nicht wechseln … was ein Zufall!
Es gäbe sicher noch das Eine oder Andere noch in Fès zu sehen , einige Tage ließen sich hier noch verbringen, aber es kribbelte langsam in den Fingern. Die Sitzmuskeln meldeten entspanntes grünes Licht und die Yamaha war frisch gewaschen. Am nächsten Morgen ging es weiter in Richtung Süden. Das nächste Ziel, welches wir uns gesetzt hatten war Errachidia, also ab in die Wüste.
Von Fès nach Errachidia
Die vollbeladene FJR mitten im Verkehrsgewühl von Fès, Schilder in Richtung Errachidia gibt’s nicht und das Handynavi sagt, ich solle nach links abbiegen. Nach links abbiegen würde aber zu einem Crash mit der gegenüberliegenden Hauswand führen. Ich sag´s ja schon immer, diese elektronischen Krücken haben keinenTauch. Wir fahren einfach in die Richtung, in die alle fahren und schon verlassen wir die Stadt in genau die Richtung, in die wir auch wollen. Die letzten Häuser liegen hinter uns und das weite Land nimmt uns auf. Menschliche Intuition siegt über elektronischen Schnickschnack!
Eine reine Landstraßenetappe sollte uns in den Süden führen und umso weiter wir uns von Fès entfernten, desto mehr veränderte sich die Landschaft. Waren anfangs noch bewirtschaftete Felder und Zitrusplantagen zu sehen, wird mit jedem Kilometer gen Süden der Bewuchs spärlicher. Bald waren nur noch einige Sträucher am Wegrand. Die obligatorischen Ziegen- und Schafherden mit ihren Hirten waren aber trotzdem noch am Straßenrand zu sehen. Es stellte sich mir die Frage was es da noch zu fressen gäbe? Wenn die Viecher Steine fressen würden, müssten sie groß und fett sein. Das Gegenteil war aber eher der Fall, auch die unvermeidlichen Esel, die irgendwo am Rand festgebunden sind, bestehen zum Großteil aus Haut und Knochen. Reich wird man in dieser Gegend von solch einer Art Beschäftigung sicher nicht.
Barrières de Neiges – Schranken, die den Verkehr bei Schneefall sperren, kündigen den einen oder anderen Pass an. Verzeichnet sind diese Pässe eigentlich nirgends, aber man merkt schon, dass es ein Stück hochgeht. Die Luft ist absolut klar und staubfrei, ideale Bedingungen zum Fotografieren. Motive gibt es in Hülle und Fülle, z.B. in den kleinen verschlafenen Bergdörfern, durch die wir ab und zu kommen. Da sitzen dann die Männer in den Cafés und trinken den traditionellen, für Marokko typischen Minztee. Ein paar Eselkarren auf der Dorfstraße, spielende Kinder, die hinter einem luftleeren Fußball hinterher rennen und alten Frauen, die unförmige Bündel auf dem Kopf tragen. Wenn wir durch diese Weiler kommen, bleiben einige stehen und sehen uns interessiert nach. Andere winken und lachen uns freundlich zu. Natürlich imponiert diesen Menschen auch der majestätische Sound des mächtigen Vierzylinders der Yamaha. Die Leute hier kennen sich aus und wissen was gut ist. Wer braucht schon das rachitische Röcheln einer GS …
Die Landschaft wird bald wieder flacher und flacher, bis es mehr oder weniger topfeben ist. Die schmale Straße geht schurgeradeaus bis zum Horizont. So ähnlich wie in Norddeutschland, nur hier ist es nicht grün und es regnet nicht. Man könnte den Chopper auspacken und à la Easy Rider durch die Prärie cruisen. Das hat schon was Erhabenes.Irgendwann schälen sich aus dem Dunst im Gegenlicht die schneebedeckten Gipfel des imposanten Atlas Gebirges am Horizont heraus. Die höchsten Gipfel sind über 4000 m hoch und wir näher uns jetzt dem Massiv immer mehr. Die nächsten Tage werden wir die Berge immer im Blick haben. Errachidia liegt auf der Südseite des Massivs und deshalb müssen wir die Gebirgskette überqueren.
Der Fluss Ziz hat sich in einigen Millionen Jahren durch das Gestein des Atlas gefressen und dabei eine imposante Schlucht erschaffen – den Gorges de Ziz. Das sieht dann aus wie Grand Canyon in den USA und beeindruckt dann doch den Reisenden aus dem fernen Europa. Am Grund des Canyons fließt der Ziz und eine grüne Oase mit Palmen, etwas Landwirtschaft und Viehzucht ist in dieser Einöde möglich.
An den steilen schroffen Bergflanken wächst kein Grashalm, nur verschiedene Braun- und Ockertöne des Gesteins bannen den Blick. Wir kommen aus dem Staunen nicht raus und ein Fotostopp folgt dem Nächsten. Es ist gut, wenn man die Etappenlänge kurz hält, man weiß ja im Voraus nicht, was einen erwartet. So entsteht kein Zeitdruck, um das Tagesziel zu erreichen und es bleibt genug Zeit um solch ein Naturwunder zu bewundern Es gibt beeindruckende Gorges in Frankreich, aber das hier ist schon ne Nummer für sich. Den krönenden Abschluss bildet dann die Barrage de Ziz kurz vor Errachidia. Das tiefblaue Wasser im Kontrast mit den vegetationslosen Bergen, unglaublich.
Auberge Tinit, so heißt die Unterkunft für die Nacht in Errachidia. Eine Fata Morgana in der Wüste, so kommt es uns jedenfalls vor. Von außen nichts Besonderes, die übliche Architektur der Gegend, aber von innen …. Ein äußerst gepflegtes Anwesen aus gestampftem Lehm mit Swimming Pool und reicher, üppiger Blumenpracht. Nach der kargen Wüstenvegetation, die uns den Tag begleitete, ein Bild des vermeintlichen Überflusses und der Verschwendung. Das Abendessen bestellen wir im Voraus, es wird speziell für uns zubereitet und schmeckt hervorragend. Die Flasche marokkanischen Wein zum Essen besorgt der Patron höchstpersönlich irgendwo in der Stadt. Eigentlich gibt es ja keinen Alkohol hier in Marokko, eigentlich. Jedenfalls sind die 50€ für die Übernachtung sehr gut investiertes Geld.